Sprachwissenschaftliche Untersuchungen habe ergeben, dass in ökonomischen Krisenzeiten und gesellschaftlichen Umbruchphasen gerne auf angsteinflößende Wortkombinationen zurückgegriffen wird.
Dieser Rückgriff ist natürlich ein strategischer, um bestimmte gesellschaftliche Stimmungen zu erhalten.
Dabei wird auf eine sprachpsychologische Eigenart des menschlichen Bewusstseins eingewirkt. Die irrationale und daher leicht zu instrumentalisierende Angst vor bestimmten gesellschaftlichen
Verhältnissen und Situationen kann nur dann vertieft werden, wenn zuvor die jeweiligen Angstwörter produziert worden sind. Die wirkmächtigsten Angstwörter entstehen durch die Kombination von
menschlichen Bewegungen und Naturkatastrophen. Eines der bekanntesten und mächtigsten Angstwörter ist die „Flüchtlingswelle“. Es ruft allgemein Angst und Schrecken hervor, indem es ein Bild
evoziert, das das Unausweichliche und Katastrophische einer Situation im Untergang, sprich das eigene Ertrinken, beinhaltet.
Durch die sprachliche Umkehrung der realen gesellschaftlichen Situation – nicht jene, die auf der Flucht vor Verfolgung, Hunger und Krieg versuchen über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen,
ertrinken, sondern die so genannten Einheimischen – kann die durch entsprechende Wortkombinationen hervorgebrachte Angst in aggressive Abwehrreaktionen umgewandelt werden. Im medizinischen
Bereich sprechen wir hier vom reaktionären Chauvinismus oder vom Exzess einer feucht-fröhlichen Stammtischpogromstimmung.
Literaturphysikalische Untersuchungen des gegenwärtigen Boulevards haben jedoch ergeben, dass sich diese Angst nicht nur tödlich auf das Leben anderer auswirkt, sondern auch der eigenen
Lebenssituation abträglich ist. Angstwörter führen zur eigenen Unfreiheit und Knechtung.
Es gibt jedoch eine Möglichkeit diese Angst zu bannen.
Eröffnet man den sprachlichen Spielraum auf sämtliche Bewegungen und Naturkatastrophen, kann man nicht nur eine Vielzahl an Angstwörtern bilden, sondern durch die individuellen
Kombinationsmöglichkeiten der jeweils persönlichen Angst begegnen und sie und in weiterer Folge bannen.
Kommen Sie! Spielen Sie mit! Verbannen Sie Ihre Angst, hier und jetzt. Spannen Sie die Fäden von einem Wort zum anderen und lassen Sie Ihre persönlichen Angstworte ins Netz gehen.
Was tun, wenn die Landschaften, in denen wir uns bewegen, immer unheimlicher werden?
Der dunkle Raum nachts unterm Bett, die verlassene Gasse in der Vorstadt, die unkenntlich gewordene Heimat und dann das ganze europäische Festungsland…? Wir singen uns ein Lied, egal ob nun ein
Pop-Lied oder ein Wiegenlied, wir pfeifen auf die Propheten untergehender Abendländer und johlen für eine globale Welt!