Die Vorfreude war riesig gewesen. In den prächtigsten Farben – oder eher: in den psychodelischsten Tönen – hatten wir uns ausgemalt, wie eine Nachtwanderung im tropischen Dschungel sein musste: einfach irre. Eine berauschende Grenzerfahrung ohne Beigabe chemischer Substanzen.
So (oder so ähnlich) hatten wir uns das vorgestellt, als wir zu den Weihnachtsfeiertagen noch in Colombo saßen und unsere ersten Stationen in Kerala planten. Nach den Backwaters wollten wir über Neujahr ins Periyar Tigerreservat fahren. Eine sympathische Unterkunft hatten wir schnell gefunden. Von den Betreiber:innen wurde uns über Mail empfohlen, so schnell wie möglich unsere Touren zu buchen. Dies könne nur über das Eco-Tourismus-Büro geschehen und es sei absolute Hauptsaison. Also ran ans Buchungswerk.
Die Webseite des Periyar Eco Tourism ist schön und übersichtlich gestaltet. Sie macht Lust darauf, stundenlang, mitunter auch tagelang durchs Tigerreservat zu streifen, stets in Begleitung erfahrener guides, die früher als Wilderer tätig und umgeschult worden waren. Besonders spektakulär erschienen uns die nächtlichen Patrouillengänge, bei denen Besucher:innen, sofern sie das zwölfte Lebensjahr vollendet hatten, mitdurften. Das wollten wir machen! Diesem Abendteuer wollen wir uns hingeben, da waren wir uns einig.
Dass die online Buchung am selben Abend nicht funktioniert, störte uns noch nicht. Wir aßen Sri Lankisches Omelette, tranken Bier und träumten vom nächtlichen Dschungel. Dass die beiden darauffolgenden Tage unsere Kreditkarten auf der Eco-Tourismus-Plattform weiterhin nicht akzeptiert wurden, machte uns schließlich doch nervös. Wir zweifelten zunächst an den Karten, dann an der Online-Bezahlungskonfiguration. Wir hatten den warnenden Satz „Es ist absolute Hauptsaison“ in den Ohren, als wir begannen, Mails an das Eco-Tourismus-Büro zu schreiben und täglich mehrere Male anzurufen. Alles vergeblich. Niemand kümmerte sich um unsere dringende, nein, allerdinglichste Anfrage, wie wir unsere Nachtwanderung buchen konnten.
Unsere Unterkunftgeber:innen, an die wir uns schon leicht panisch wandten, meinten, ja, es könne sein, dass es Probleme mit internationalen Kreditkarten gebe. Das beste sei, gleich bei unserer Ankunft in Kumily in das Eco-Tourismus-Büro zu gehen und die Tickets zu kaufen. Was geschehen solle, wenn bei unserer Ankunft alle Tickets für die Nachtwanderung schon ausgebucht seien, fragten wir sie nicht. Aber in meinem Kopf kreiste diese Frage bis zu jenem Zeitpunkt, an dem wir tatsächlich das Büro betraten.
Zu diesem Zeitpunkt hatten wir eine dreieinhalbstündige Fahrt mit einem der öffentlichen Busse in Kerala hinter uns. In meiner Hand glühte das Glücksschweinchen, das mir Ilse geschenkt hatte und das mit auf Reisen gekommen war. Während der gesamten Fahrt hielt ich mich an ihm fest: Wenn wir durch eine der unzähligen Kurven auf der Bergstraße zischten, rutschte es mit mir von der einen Seite auf die andere; wenn der Bus alle anderen auf der Straße ins Abseits des Straßengrabens beziehungsweise an die Ränder des Abgrunds drängte, drückte es mit mir gemeinsam all den Motorradfahrerinnen, den Tuk-Tuk- und sogar den Autofahrern mit aller Kraft die Daumen, dass sie nicht abstürzten oder überfahren würden; wenn uns bei einem Überholmanöver ein Lastwagen entgegenkam, schwenkte es gleichzeitig mit mir den Kopf zur Seite, um lieber nicht die Sekunden vor dem Aufprall zu zählen. Wir alle drei, Andi, das Glücksschweinchen und ich, sind spätestens nach den Busfahrten von Kandy nach Sirgriya und zurück bestimmt nicht mehr allzu zartbesaitet, was die multiplen Dimensionen des Straßenverkehrs anbelangt. Dieser Höllenritt über die Bergstraßen hatte uns jedoch allen den einen oder anderen Nerv gekostet.
Ein bisschen zerrüttet und zugleich voller Lebensglück standen wir also nun im Eco-Tourismus-Büro, um endlich ans Ziel unserer unmittelbaren Neujahrswünsche zu gelangen: um endlich den super-psychodelischen Night-Trip zu buchen. Es stellte sich heraus, dass all meine Befürchtungen umsonst gewesen waren: Es gab noch Tickets. Wir konnten – abgesehen von ein paar technischen Problemen, mit denen sich der freundliche Büro-Mitarbeiter herumplagen musste – problemlos unsere Tour in der Nacht vom 1.1. auf den 2.1. buchen.
Der restliche Nachmittag verging mit Freude über unsere schöne Unterkunft und, ebenso wie der darauffolgende Tag, mit Vorfreude auf die Nachtwanderung. Am 31. spazierten wir nachmittags der Grenze zwischen Kerala und Tamil Nadu entlang. Unsere Unterkunftgeber:innen hatten uns von dieser Möglichkeit erzählt: Es gebe einen schmalen, leicht ansteigenden Pfad, von dem wir aus hinüber ins Tal, das bereits zum anderen Bundesstaat gehörte, sehen könnten und der in eine Art Forstweg, eine alte Jeep-Trasse, mündete. Der Weg war schön, etwas verwachsen und aussichtsreich: Wir konnten, während wir uns nur wenige Gedanken darüber machten, dass wir am Rand eines Tigerreservats gingen, unsere Blicke weit schweifen lassen. Die Tiger kamen uns nur hin und wieder in den Sinn. In mitteleuropäischen Wäldern hätten wir uns wahrscheinlich mehr Gedanken über Wildschweine und Bären gemacht. Ein Tiger, der uns angreifen könnte, das war zu abstrakt und lag außerhalb der Reichweite unserer Vorstellungskraft.
Ein Tiger erwischte uns auch nicht. Zum Glück. Er hätte uns mit einem einzigen Prankenhieb das Genick brechen können. Es war ein anderes Tier, das unsere Pläne durchkreuzte.
Der Silvesterabend nach unserer kleinen Grenzwanderung verlief ruhig und gemütlich. Ich war ungewöhnlich müde und hatte, was noch ungewöhnlicher war, tatsächlich keine Lust mehr, auf der Dachterrasse unserer Unterkunft ein zweites Bier zu trinken. Das hätte mir schon zu denken geben können.
In der Silvesternacht kroch mir das Fieber in die Knochen. Ich lag unter der Bettdecke (da es in den Bergen auch kühl werden kann, hatten wir nicht nur ein Laken, sondern richtige Decken) und fröstelte. In der Früh war ich matt, zittrig und am ganzen Körper mit roten Flecken übersät. 2023 fängt ja gut an, dachte ich mir, frühstückte, schluckte schnell eine Paracetamol-Tablette und schlüpfte zurück ins Bett, um am Abend wieder fit zu sein für die spektakuläre Nachtwanderung.
Dass es mit dieser nichts werden würde, dämmerte mir allerdings bereits zu Mittag, als ich mich Zähne klappernd ins Bad schleppte. Meine Körpertemperatur war im Verlauf des Vormittags ziemlich gestiegen. Eine kleine Träne habe ich darüber zerdrückt, dass mir die psychodelischen Töne des nächtlichen Dschungels weiterhin verschlossen bleiben würden, für größere emotionale Aufwallungen hatte ich keine Kraft.
Dass mir ausgerechnet eine Tigermücke, die mich in den letzten ein bis zwei Wochen gestochen hatte, die Tour durchs Tigerreservat vermasselt, ist eine bittersüße Ironie, die trotz allem ein gutes Ende fand: Die so genannte Dengue-Trias – das Fieber, der Ausschlag, die Glieder-, Muskel- oder Gelenkschmerzen – hatte mich nicht allzu heftig im Griff. Am nächsten Tag schon sank das Fieber. Einen weiteren Tag später konnte ich die Fahrt zurück nach Thiruvananthapuram antreten.
Davon, wie es war, durchs Reservat zu streunen, kann ich also gar nichts erzählen – deshalb gebe ich die Erzählstaffel weiter und wer weiß, vielleicht hört ihr nun endlich von den psychodelischen Tönen des nächtlichen Dschungels und der berauschenden Grenzerfahrung ohne Beigabe chemischer Substanzen…
Ich dachte, ich wäre zu spät für den Nature Walk, als ich beim Eingang zum Reservat ankam. Doch der Mann am Schranken wackelte nur mit dem Kopf, kassierte die Eintrittsgebühren und erklärte mir, dass ich die 1,5 Kilometer bis zum Ausgangspunkt am Stausee problemlos und rechtzeitig zu Fuß erreichen könne. Also ging ich los. Gehen ist ja gesund und so ging ich die Straße entlang, links und rechts schöner leichter Wald, hin und wieder überholte mich ein Bus mit Tourist:innen und nach einer guten halben Stunde kam ich beim Ausgangspunkt des Nature Walks an. Dort erklärte ich, warum ich allein bin, füllte die notwendigen Zettel aus und zog die obligatorischen Blutegelstutzen an - die mich natürlich vor ihnen schützen sollen. Mein Guide Babu führte mich anschließend zu einer anderen Gruppe, die bereits auf der Bambusfähre stand, und gemeinsam setzten wir über einen Arm des riesigen Stausees. Dann begann unser Nature Walk durch den Wald. Flott stiegen wir einen Hang hinauf, währenddessen zeigte er mir verschiedene Bäume, Sträucher und Vögel, die ich teilweise sah, teilweise nicht und erzählte mir von der Entstehung des Reservats, den verschiedenen Tieren die hier lebten, von seiner Herkunft, wie er zu diesem Beruf kam und vieles mehr. Es war nur so: Sein Englisch war gut. Ein gutes indisches Englisch, ein mittelgutes. Mein Englisch ist auch gut. Es ist ein deutsches Englisch, ein mittelgutes. Dennoch war ich mir oft nicht ganz sicher, ob er wirklich das, was ich verstanden, auch gemeint hatte. Wahrscheinlich ging es Babu ebenfalls so. Unser Gespräch war unzweifelhaft unterhaltsam, seine Ausführungen informativ, er lobte auch meine von Interesse geleiteten Fragen (was ist der Unterschied zwischen einem Wald und einem Dschungel), dennoch dürfte es von Missverständnissen und Fehlinterpretationen gespickt gewesen sein.
Und noch etwas kommt dazu: Babu führte mich nicht nur durch den Wald, sondern spielte dabei auch das berühmte Bennenungsspiel. Ich muss zugeben, ich bin kein großer Fan davon, da ich mit Namen und Bezeichnungen leicht auf Kriegsfuß stehe. Denn, ich merke mir diese vielen Namen einfach nicht, ich hab’ schon im Deutschen Schwierigkeiten, im Englischen noch mehr. Ich weiß, dass es für die Kommunikation wichtig ist, dass man die Dinger beim Namen benennen kann, sonst redet man immer nur von dem Dings und dem Dings und irgendwann weiß niemand mehr, wovon eigentlich gesprochen wird. Aber: Was weiß man über einem Ding schon, wenn man den Namen weiß? Nicht viel mehr als das drangeklebte Namensschild. Bei manchen Namen war ich mir auch nicht sicher, ob er sie auf Englisch sagte, sie klangen irgendwie lateinisch oder war es doch Malayalam? Jedenfalls führte Babu mich durch den Wald, erzählte mir von Tieren die ich nicht sah, wie den Sambar, das ist eine indische Hirschart, von den Wild- und Stachelschweinen, von bestimmte Affen die nur zu hören waren, von den Elefanten, von denen wir Fußabdrücke und Kothaufen sahen, den Leoparden und natürlich auch dem Tiger. Nur: Wer will im Wald schon einem Tiger begegnen oder einem Leoparden? Eben, ich ja auch nicht. Also gingen wir durch den wunderschönen Wald und redeten über Tiere, die wir nicht sahen, die wir aber theoretischer Weise sehen könnten! Wir könnten hier jeder Zeit einem Elefanten begegnen oder einem Stachelschwein und das ist ja schließlich auch etwas! Zur Folge hatte dies, dass ich entsprechend aufgeregt und oberwaldförsterisch in alle Winkel und Ecken des Waldes schaute, ob sich da nicht doch etwas zeigte oder bewegte. Plötzlich, wir waren gerade auf einer kleinen Lichtung, Babu war gerade dabei mir zu erklären, wie es die Tiger mit den Revieren halten und wie sie diese markieren und wie die Weibchen daraufhin ihre Partner finden, zumindest verstand ich das und blickte vorsichtshalber noch einmal zurück, weil im Wald alles so verdächtig ist, vor allem der Wald der hinter einem liegt, als ich auf einmal dieses Geräusch hörte und als ich mich umdrehte, sah ich Babu telefonieren. Das ist das Schöne an der digitalen Gegenwart, sie endet auch nicht im tiefsten Urwald. Das Gespräch dauerte nicht lange, er hatte einen einfühlsamen Tonfall, so als würde er mit seiner Frau telefonieren und ihr mitteilen, dass es heute wieder etwas später werden wird, da er noch eine Touristen durch den Wald führen müsse.
Was ich bei dieser kleinen Wanderung erblickte, war ein Specht und andere Vögel von denen ich die Namen vergessen habe. Sie hatten gelbe Hälse und ein braunes Federkleid, die Weibchen und die Männchen waren mit orangen Hälsen und ebenfalls braunem Federkleid, vielleicht war es auch umgekehrt. Was mich am meisten begeisterte, waren aber die Bäume, hoch waren sie und kräftig. Vor allem imponierte mir der Ficus benghalensis, der auf Kronen fremder Bäume zu wachsen beginnt und zwar in Richtung Boden und sich mit der Zeit immer mehr ausbreitet, den Gastbaum Stück für Stück umwächst, bis er dessen Stamm vollkommen verdeckt und ihn schließlich langsam abwürgt. Das klingt grausam, ist es wahrscheinlich auch, aber die Wucherungen sind wunderschön. Gegen Ende des Nature Walks sahen wir noch eine Tigerspur. Ich blickte mich kurz um - zu sehen war er nicht. Die Tigerspur dürfte jedoch schon älter gewesen sein, das erkannte ich sofort, denn sie war mit einem hölzernen Vierecke abgesteckt, damit auch die doofsten Tourist:innen den Tatzenabdruck vom restlichen eingetrockneten Matsch unterscheiden können. An der Anlegestelle begegneten wir die andere Tourist:innengruppe, die jedoch leicht in Aufregung war. Der Guide dieser Gruppe erklärte Babu, mit einem entsprechenden Gesichtsausdruck, dass eine dieser Idiotinnen ihre Kreditkarte im Wald verloren hätte und er mit ihr jetzt nochmals den Weg abgehen müsse.
Wir setzen wieder über und ich spazierte anschließend den Weg fröhlich wieder zurück.
Beim Eingang zum Ressort stand der Rest der Gruppe schon bereit. Eine Kleinfamilie, Mutter, Vater, Kind (Sohn) aus Mumbai und der Guide. Um Punkt 22 Uhr gingen wir los. Zunächst zum gegenüber liegenden kleinen Häuschen, dort wurden wir wieder mit den Blutegelstutzen versorgt und mit Taschenlampen. Ich vermutete anfangs, dass unser Guide dort auch sein Gewehr aufbewahrte habe, denn auf dem Bild zur Jungle Scout Tour, sah man einen mit Gewehr bewaffneten Guide, wegen der gefährlichen Tiger natürlich, der im dunkeln irgendwohin zeigte. Jedoch unser Guide holte kein Gewehr aus dem Schrank, sondern ging ebenfalls nur mit Taschenlampe ausgerüstet los. Ich ärgerte mich kurz, dass ich zumindest mein Taschenmesser mitnehmen hätte sollen, wurde aber von den beiden Stachelschweinen, die beim Eingangsbereich herumliefen, sogleich abgelenkt und trotte vergnügt dem Guide hinterher bzw. machte ich den Schlussmann. Wir spazieren abseits der Straße einem Weg entlang, vorbei an Hütten mit Reservat-Wachposten, die teilweise schliefen und weckten ebenfalls schlafende Sambare auf, die der Guide mit den Worten: Sambar male oder Sambar female anstrahlte. Der Vater fotografierte, der Sohn schaute und die Mutter flüsterte mir zu: Sambar male oder Sambar female. So gingen wir durch den Wald, da wir nahe am Stausee waren hörten wir Frösche, ansonsten ein, zwei unterschiedliche Laute von Vögeln, so eine Art Zirpen und ein ganz neuartiges, aber altmodisch klingendes Klicken. Es kam vom Smartphone des Vaters. Dieses bestimmt nagelneue Smartphone machte selbst in der Finsternis, das Ausleuchten durch die Taschenlampen reichte vollkommen aus, wunderbare Fotos und machte dabei ein ganz feines Klick-Geräusch. Hin und wieder hörten wir auch einen Jeep auf der naheliegenden Straße vorbeifahren. Wir jedoch gingen unbeirrt weiter durch den Wald und leuchteten wie wild mal links, mal rechts in die Sträucher und Bäume, mal rauf in die Baumkronen, um zu sehen was sich hier so verstecken möge und sahen hin und wieder wir in verschlafene Reh- oder Hirschaugen. Vor lauter Hinleuchten, passierte es zuweilen, dass Glühwürmchen angestrahlt wurden und ich mich kurz wunderte, dass nie nun nicht mehr zu sehen waren. Der Guide nickte nur und meinte: Fireflies. Nach einer Weile kamen wir auf die Straße, es ist dieselbe die ich morgens bereits abgelaufen war, kamen an dem Rastplatz mit dem Schildkröten-Imbisstand vorbei und irgendwann auf dieser Strecke sah ich plötzlich einen dicken, schwarzen Körper über die Straße huschen und im Gebüsch verschwinden. Es war nur ein kurzer Moment, der vom Guide gekonnt ausgeleuchtet wurde. Wie es sich herausstellte, war es ein Rind, aber kein gewöhnliches, sondern ein Gaur - für Interessierte hier der Wikipedialink. So etwas hatte ich tatsächlich noch nicht gesehen, eigentlich auch gar nicht gewusst, dass es diese freilebende Rinderart überhaupt gibt. Nach diesem Ereignis wurden die dunklen Ecken des Waldes noch intensiver ausgeleuchtet, nach einer Zeit ließ dieses Engagement jedoch wieder ab. Wir trotteten inzwischen die Straße wieder retour und gingen gegen Ende des Weges noch einmal von der Straße ab und spazierten in den Wald hinein. Es könnte sich so um einen Art Lehrpfad gehandelt haben, denn ich erkannte die dunklen Umrisse von Schautafeln über die unterschiedlichen Tiere des Waldes. Zwei sah ich mir etwas genauer an: Elephanten und Tiger. Ach ja, die gab es hier auch noch und womöglich waren sie gar nicht so weit weg. Die Gruppe war nun schon ein paar Meter voraus, der Weg wurde schmaler, der Wald etwas dichter, das Licht drang kaum mehr durch und die Geräusche schienen etwas lauter zu werden. War es nicht so, dass die Tiere lauter werden, die anderen Tiere warnen, wenn sich so ein gefährliches Tier, wie der Tiger nun einmal ist, anschleicht? War es nicht so? Was hatte Babu heute Vormittag lächelnd erzählt, als er mir die Tigerspur zeigte? Dass dieser mit der Tatze einfach mal ausholt, kräftig zuschlägt und dem Menschen mit einem Schlag das Genick bricht. Und ich auf die halbe Frage: Da hat man wohl keine Chance? Als könnte ein geschickter Boxer diesem Schlag vielleicht ausweichen oder abwehren und dann in einem Konter eine Gerade nachlegen.... nur lächelnd antwortete: Da hat man keine Chance.
Aber wiederum anders gedacht: Würde dieser Guide wirklich mit einem Haufen Großstadtmenschen, bei denen er froh sein musste, dass sie im Dunkeln nicht über sämtliche Wurzeln stolpern, unbewaffnet in ein Gebiet gehen, das vor Tigern nur so wimmelt? Kann es sein, dass er wirklich so unverantwortlich und blöd ist? Eher nein.
Ich erreichte die Gruppe wieder und stolperte mit der Familie weiter dem Guide hinterher, die Frau schien von den Wurzeln bereits etwas genervt zu sein, denn sie beklagte sich, während ihr Mann fleißig weiter fotografierte, mir gegenüber über den schlechten Zustand der Wege hier. Nach gut zweieinhalb Stunden endete unser Jungle Scout Waldspaziergang wieder am Ausgangspunkt. Die Stachelschweine waren auch noch hier, wurden noch einmal kräftig abfotografiert, dann verabschiedeten wir einander und gingen fröhlich unsere Wege.