Kandy

Kandy liegt im Herzen Sri Lankas, schaffte es aber nicht wirklich in unser Herz. Es ist schön, schmiegt sich wunderbar in die grün wuchernden Hügeln und es besitzt auch einen der aufregendsten und bedeutendsten Tempel für den Buddhismus, den Zahn-Tempel, der wie der Name bereits vermuten lässt, eine Zahnreliquie von Buddha, als Schatz verwahrt und das Königreich Kandy war bis 1815 auch das letzte Königreich der Insel, das sich den Briten widersetzte, bis es schließlich erobert wurde.... Kandy ist das alte Zentrum der Insel und für viele ist es das heute noch.

Aber irgendwie waren wir bereits müde - von all den Tempeln und Sehenswürdigkeiten. Wir machten zwar brav, die uns empfohlene Tour mit den drei Tempeln und dem Botanischen Garten. Von den drei Tempel besuchten wir aber nur zwei, dafür waren wir aber gut drei Stunden im Botanischen Garten der unglaublich schön ist und uns immer wieder zu Größenrelations-Fotos verleitete, und ungewollt doch zugestimmt landeten wir in unserer zweiten Schaumine und im zweiten Spice-Garden (beides sind gratis Führungen mit viel an Information zu Edelsteinen und Ayurveda-Kräutern mit anschließenden Verkaufsshop, den wir in beiden Fällen aber ausließen  - quasi davon rannten (ohne zu rennen).

Auch am Zahntempel spazierten wir nur vorbei und nicht hinein und beim Spaziergang um den künstlich angelegten See, an dem der Tempel liegt, genossen wir vor allem den Teil, an dem keine Tuk-Tuks stehen konnten und wir auch sonst nicht angesprochen wurden. 

Irgendwann kamen auf dieser Reise verschiedene Fragen auf: Was möchten wir uns ansehen? Und warum? Was tun wir hier eigentlich? Beziehungsweise, was wollen wir tun? 

In Kandy gingen wir zwei Mal ins selbe vegetarische Restaurant, setzten uns zwei Mal auf denselben Platz auf der Terrasse, blickten auf den gleichen nicht enden wollenden Strom an Bussen, Autos und Tuk-Tuks. Wir gingen an zwei Tagen die gleiche Runde durch das Basarviertel, gingen zweimal zum selben Nüsse Verkaufsstand an einer Ecke, gingen zweimal zum selben Straßenhändler, der wunderschöne Geschirrtücher verkaufte und hätten fast, an den zwei Tagen den selben Tuk-Tuk Fahrer erwischt. Leider hatten wir ihn am zweiten Tag nur am Beginn unserer Tour wieder getroffen, als wir nach unser Tour ihm an seinem Standort suchten, war er wahrscheinlich gerade auf Tour. Diese Wiederholung entsprang wahrscheinlich dem Wunsch nach anderen sozialen Kontakten. Der Nüsse-Verkäufer reagierte bei unserem zweiten Besuch anders, als beim ersten. Sein Gesichtsausdruck, die paar kurzen Worte, die Verabschiedung war beim zweiten Mal anders. Welche Kurztourist:innen kommen schon zwei Mal zum selben Stand? Kandy war die Leere des Tourist:inenn daseins und war die Distanz zu den besuchten Orten. Kandy war Bilderbuch ausmalen, wenn die Orte nur ästhetisch erfasst werden können, ohne sozialen Bezug. Kandy war die Attraktion ohne Attraktionen (bis auf den Botanischen Garten und den beiden Tempel). Kandy ist auf jeden Fall zum empfehlen, es liegt nicht an Kandy. Es liegt daran, dass man die Eindrücke nicht mehr verarbeiten kann, dass sie kontextlos auf einem einprallen, unterfüttert nur von Reiseführer- und Wikipediawissen, es liegt daran, dass die sozialen Beziehungen nur auf der funktionalen Ebene angesiedelt sind, dass man überall Armut sieht und so wenig tun kann, dass dem Land die Haupteinnahmequelle, die Tourst:innen fehlen und nun ein Überangebot an Dienstleister:innen einer zu kleinen Zahl an Tourist:innen gegenüber stehen, dass man ständig und immer mehr oder weniger freundlich angesprochen wird, man immer wieder sagen muss, dass man etwas gerade nicht braucht oder nicht will, dass man zum hunderttausendsten Mal auf seine Herkunft angesprochen wird und zum neunzigtausendsten Mal kommt dann die Frage, ob man dieses oder jenes möchte oder benötige, hier oder dorthin fahren möchte und dass man lernen muss zu ignorieren, wenn man angesprochen wird, dass man einen Umgang finden muss, wenn man wieder einmal über das Ohr gehauen wurde und den doppelten oder dreifachen Preis bezahlt hat, aber es eigentlich immer noch günstig ist und so weiter. Das ist zwar nicht Kandy, aber darüber redeten wir in Kandy und versuchten einen Umgang damit zu finden.




der Baum so groß und ich so klein

der Riesenbambus und ich